Die Autoren

Wortspiele München
 


Aria Aber

© nadine aber

Good Girl - Claassen

In alten Kellerhallen, in denen der Techno die noch von der Gewalt des letzten Jahrhunderts gezeichneten Wände zum Beben bringt, trifft die 19-jährige Nila auf Gleichgesinnte. Man legt die Lines, während man den Sozialismus predigt, und für Nila ist dieser dunkle Massenkörper der Ausweg aus dem Berliner Plattenbau, in dem, wie sie, nur Geflüchtete leben, wo die Toiletten von Silberfischen befallen und die Wände mit Hakenkreuzen beschmiert sind. Und dann lernt Nila den amerikanischen Schriftsteller Marlowe Boots kennen, der ihr, die immer schreiben wollte, eine Welt von Mäzenen und Festivals eröffnet. Marlowe teilt großzügig, doch schon bald folgen Gegenforderungen und Ansprüche, die die Grenzen des Erträglichen für Nila weit überschreiten.

 

Der Debütroman Good Girl (Claassen, 2025) von Aria Aber ist das erschütternde Porträt einer jungen Künstlerin, die in einen Strudel von Sex, Drogen und Gewalt, aufbrechender Freundschaft, sich verlierender Familie und Trauer gerissen wird.

Aria Aber ist in Deutschland geboren und aufgewachsen und lebt derzeit in LA. Ihr erster Gedichtband Hard Damage (2019) gewann den Prairie Schooner Price. Die ehemalige Stegner-Stipendiatin und Empfängerin des Whiting Award 2020 veröffentlichte ihre Gedichte u.a. in The NewYorker, New Republic, Yale Review, Narrative and POETRY.


Kathrin Bach

© julia vogel

Lebensversicherung

Die unter einer Angststörung leidende Ich-Erzählerin stammt aus einer Versicherungskaufmannsfamilie in der westdeutschen Provinz. Ihre Eltern führen in den 90er-Jahren fort, was ihre Großväter nach dem Krieg erstmals in die aufstrebenden Dörfer brachten: den Verkauf von Versicherungen. In kürzeren und längeren Prosavignetten und literarischen Listen zeichnet die Ich-Erzählerin ein Erinnerungspanorama: mit dem Aufwachsen in dem von Hügeln eingekesselten Dorf, der Kindheit im Neubaugebiet und dem Fertighaus, in dem das Versicherungsbüro im Erdgeschoss liegt, den sich häufenden Schicksalsschlägen, die sich mit keiner Versicherung verhindern lassen - und der immer über allem schwebenden Angst.

 

In Kathrin Bachs Debütroman Lebensversicherung (Voland & Quist, 2025) setzen sich Vignette um Vignette und Versicherung um Versicherung zu einer tragikomischen Familiengeschichte zusammen, die von möglichen Bedrohungen und ihrer unmöglichen Prävention, von Geld und Zeit und dem erzählt, was am Ende davon übrigbleibt.

Kathrin Bach ist 1988 in Wiesbaden geboren. Sie studierte Literarisches Schreiben in Hildesheim und ist ausgebildete Buchhändlerin. Sie erhielt den zweiten Preis beim Lyrikpreis 2014, 2017 erschien ihr Lyrikdebüt Schwämme in der Parasitenpresse, 2024 erschien ebendort der Band Gips. Für die Arbeit an ihrem Romanprojekt Lebensversicherung erhielt sie u.a. das Residenz Stipendium für Literatur im Künstlerhaus Lauenburg. Sie lebt als freie Autorin und Lektorin in Berlin, wo sie auch regelmäßig Collagen klebt und Schreibworkshops hält.


Paulina Czienskowski

© william minke

Dem Mond geht es gut - Blumenbar

Mit der Geburt ihres Kindes blickt eine junge Frau anders in die Welt. Wörter schwinden, während Liebe und Verlustphantasien sie vereinnahmen. Erst jetzt erkennt sie, wie stumm ihre Mutter und Großmutter im Leben stehen, wie sie versäumt haben, ihre eigenen Geschichten zu erzählen, Fragen nach Zugehörigkeit und Brüchen ständig einsickern. Mit tastender Genauigkeit nähert sie sich den sprachlosen Rätseln, zeichnet sinnlos wie schonungslos ihre Leben inmitten des Nebels ihrer Gedächtnisse nach.

 

In ihrem zweiten Roman Dem Mond geht es gut (Blumenbar, 2025) zeigt Paulina Czienskowski in zyklischen Bewergungen, was es bedeutet, zum Echo zu werden - drei Frauen, drei Mütter und ein neues Leben, das enttarnt, als wäre alles mit Spiegelfolie ausgekleidet.

Paulina Czienskowski lebt und arbeitet in Berlin, wo sie geboren und aufgewachsen ist. Sie veröffentlicht u.a. in der ZEIT. 2018 erschien der Erzählband Manifest gegen die emotionale Verkümmerung im Korbinian Verlag, 2020 dann ihr Debütroman Taubenleben bei Blumenbar, der auf der Shortlist für den EU-Literaturpreis stand. Es folgten Hörspiele für Deutschlandfunk Kultur und Texte für die Theaterbühne.


Regina Dürig

© anja fonseka

Frauen und Steine - Literaturverlag Droschl

Die Frauenfiguren in den Erzählungen von Regina Dürig stellen alle auf ihre Art die Frage, wie man ankommen kann gegen die patriarchale Versteinerung der Welt. Mit umfangreicher Recherche schreibt sie fiktionalisierte Lebensgeschichten über Alice Kober und Camille Claudel - und geht dem auf die Spur, was in den gängigen Biografien vergessen wird. Sie lässt einen Hufeisenkrebs und die Sagengestalt Melusine über das Aussterben in einem weirden Podcast philosophieren; eine Frau hält einen gesalzenen Monolog über Selbstbestimmung; und noch vieles mehr.

 

Regina Dürigs erster Erzählband Frauen und Steine(Literaturverlag Droschl, 2025) hält ein Dutzend funkelnder, überraschender Geschichten bereit und blickt immer kritisch auf die Probleme unserer Zeit.

Regina Dürigs wurde 1982 in Mannheim geboren und lebt in Biel. Sie ist Autorin und Dozentin für Literarisches Schreiben und hat u.a. experimentelle Prosa, Hörspiele, Kinderbücher, Jugendromane und performative Texte geschrieben. Sie hat zahlreiche Auszeichnungen erhalten, u.a. den Peter-Härtling-Preis und Literaturpreis Wartholz. Bei Droschl erschien 2021 die Novelle Federn lassen, für die sie mit dem Literaturpreis des Kantons Bern und dem Weinfelder Buchpreis ausgezeichnet wurde


Rabea Edel

© rabea edel

Portrait meiner Mutter mit Geistern -
C.H. Beck

Raisa lebt allein mit ihrer Mutter Martha, und das schon immer. An ihren Vater hat sie nicht die leiseste Erinnerung, nur ein dumpfes Gefühl. Ihr Name ist das einzige, was sie von ihm bekommen hat - besser so, sagt Martha. Sie versucht, ihre Mutter vor dem Verlust des Vaters genauso zu schützen wie vor ungebetenen Anrufen. Im Zweifel wird der Stecker gezogen. Doch Raisa beginnt, immer mehr Fragen zu stellen. Als der Nachbarsjunge Matt verschwindet, fängt Martha endlich an zu erzählen.

 

Rabea Edel zeichnet in ihrem neuen Roman Porträt meiner Mutter mit Geistern (C.H.Beck, 2025) nicht nur die bewegende Lebensgeschichte ihrer Mutter, sondern malt das Porträt einer ganzen Nachkriegsgeneration, die im Schatten der Gewalt und des Schweigens aufgewachsen ist. Ein Familienroman, der vor allem die Frauen in den Blick nimmt - und die weibliche Fähigkeit, sich immer wieder neu zu erfinden.

Rabea Edel, Jahrgang 1982, ist Schriftstellerin und Fotografin. Ihr vielfach ausgezeichneter Debütroman Das Wasser, in dem wir schlafen erschien 2006, der zweite Roman Ein dunkler Moment 2011 (beide Luchterhand). Seitdem hat sie vor allem als Fotografin gearbeitet. Sie erhielt für ihren neuen Roman u.a. Arbeitsstipendien des Deutschen Literaturfonds, der Akademie der Künste und war Stipendiatin der Deutschen Akademie Rom (Villa Massimo).


Pierre Jarawan

© maximilian heinrich

Frau im Mond - Berlin Verlag

Am 4. August 1966 zündet eine Gruppe Studenten, die Lebanese Rocket Society, eine Weltraumrakete - sie soll das Zeichen für den Aufbruch des Libanons in eine blühende Zukunft sein. Auf den Tag genau 54 Jahre später kommt es im Hafen von Beirut zu einer Explosion, die das gesamte Land erschüttert.

 

Gekonnt verknüpft Pierre Jarawan diese beiden historischen Ereignisse zu einer Kontinente verbindenden Familiengeschichte, weit über das Schicksal des Nahen Ostens hinaus. Der neue Roman Frau im Mond (Berlin Verlag, 2025) von Pierre Jarawan ist vielschichtig, lebensprall und voller tragikomischer Ereignisse.

Pierre Jarawan wurde 1985 in Amman, Jordanien, als Sohn eines libanesischen Vaters und einer deutschen Mutter geboren. Seine beiden Romane Am Ende bleiben die Zedern (2016) und Ein Lied für die Vermissten (2020) sind in zahlreiche Sprachen übersetzt, auch international erfolgreich und mit Preisen ausgezeichnet. Der Autor lebt mit seiner Familie in München.


Luca Kieser

© ina aydogan

Pink Elephant - Blessing Verlag

Während Deutschland bei der WM 2006 von seinem Sommermärchen träumt, findet der 14-jährige Vincent in denen, die ihn verprügelt haben, neue Freunde. Bald schon nennt er sie Brüder, raucht mit ihnen Shisha, er hängt auf der Straße ab - und hockt doch jeden Abend wieder im Einfamilienhaus seiner Eltern. Als es ernst wird, muss er feststellen, dass bisher alles nur ein Spiel war. Zumindest für ihn. Während er sich Bräunungscreme ins Gesicht schmiert, fällt Ali nach einem Sprung aus dem Fenster ins Koma, Tarek ist nicht mehr zu erreichen.

 

Luca Kieser, der im vergangenen Jahr mit seinem Debütroman Weil da war etwas Wasser für den Deutschen Buchpreis nominiert war, erzählt in seinem zweiten Roman Pink Elephant (Blessing, 2024) eine rasante, eindringliche Geschichte über Freundschaft, Zugehörigkeit und die oft unsichtbaren Grenzen, die unsere Gesellschaft durchziehen.

Luca Kieser, 1992 in Tübingen geboren, lebt in Wien. Ausgezeichnet wurde er u.a. mit dem Wortmeldungen Förderpreis, dem Lyrik-Lichtungen-Stipendium und dem FM4 Wortlaut. Sein Debütroman stand dreimal in Folge auf der ORF-Bestenliste.


Katharina Köller

© peter rigaud

Wild wuchern - Penguin Verlag

Auf der Flucht vor einer Welt, in der Vieles aus dem Lot geraten ist, sucht sie Schutz bei ihrer Cousine Johanna, ausgerechnet bei Johanna, die seit Jahren wie eine Erimitin auf einer entlegenen Tiroler Alm lebt. Marie und Johanna, sie könnten nicht unterschiedlicher sein: die scharfzüngige Wienerin, Luxusgeschöpf aus einer Luxuswelt, zugleich verwöhnt und verachtet vom Ehemann Peter - und das wilde Tier im Körper eines Menschen (Marie über Johanna), das beim Erwachsenwerden scheinbar die Sprache verloren und die Gesellschaft hinter sich gelassen hat.

 

In ihrem poetischen wie politischen neuen Roman Wild wuchern (Penguin, 2025), Märchen, Parabel und pulsierende Zivilisationskritik in einem, feiert Katharina Köller zwei Frauen und ihren eigensinnigen Aufbruch ins Leben.

Katharina Köller wurde 1984 in Eisenstadt, Österreich, geboren und ist seit 2011 freiberuflich als Autorin, Schauspielerin und Theatermacherin tätig. 2020 erschien ihr Debütroman Was ich im Wasser sah, der mit dem Fantastikpreis der Stadt Wetzlar ausgezeichnet wurde. Katharina Köller lebt mit ihrer Familie in Wien und Innsbruck.


Anne Korth

© sarah ehrlenbruch

Protokoll einer Annäherung - Otto Müller Verlag

Leon lebt wie im Rausch, sucht Entgrenzung in der Fremde und probt den Aufstand daheim. Als seine Mutter stirbt, zieht er sich verbittert zurück. Als Leon erfährt, dass er Krebs hat, begibt er sich auf die Reise quer durch Italien, bevor er schließlich auf der Vulkaninsel Stromboli landet. Unverhofft findet er sich in einer Welt wieder, in der die Liebe schamlos ist, die Gitarren wieder fiepen und dröhnen und eine Versöhnung mit dem Leben möglich scheint.

 

In ihrem Debütroman Protokoll einer Annäherung (Otto Müller, 2024) geht Anne Korth der Frage nach, ob ihre Protagonistin nach einer erlebten Gewalterfahrung wieder in die Gegenwart zurückfinden kann, in der die Liebe nicht mehr ein Ort der möglichen Bedrohung ist.

Anne Korth, geboren 1994, lebt als Autorin in einem Dorf bei Köln. Sie studierte Literarisches Schreiben am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig und Sprachkunst (MA) an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Veröffentlichungen u.a. in der Tippgemeinschaft. Sie arbeitet interdisziplinär mit anderen Künstlerinnen zusammen, u.a. in der Ausstellung In meiner halbmundingen Hand, Fondation Tschuess Karlsruhe; in der Sammelausstellung home, the yellow wallpaper, Wien; oder als Aufenthaltsstipendiatin der Cima Città im Tessin.


Paola Lopez

© schore mehrdju

Die Summe unserer Teilen - Klett Cotta

Drei Wissenschaftlerinnen, drei Generationen, eine Familie. Die Großmutter flieht im Zweiten Weltkrieg aus Polen in den Libanon, die Mutter verlässt den Libanon für ein Leben in Deutschland, die Tochter muss für eine Zukunft zurück nach Polen. Die Großmutter ist eine der ersten Chemikerinnen im Libanon, die Mutter ist eine angesehene Medizinerin, die Tochter ist Studentin der Informatik. Sie alle verbindet die Wissenschaft, doch das Band zwischen den Generationen ist gerissen. Lucy spricht seit Jahren nicht mehr mit ihrer Mutter, bis plötzlich ein Klavier in ihre Wohnung geliefert wird: der Steinway, auf dem Lucy als Kind spielen lernte - sie hasste dieses Klavier. Als mit dem Klavier auch der polnische Mädchenname ihrer Großmutter auftaucht, setzt Lucy sich kurzentschlossen in den nächsten Zug nach Sopot, den einzigen Ort, den sie mit ihr verbindet. Sie muss die losen Fäden ihrer Familie zusammenführen, um ihre eigene Zukunft in die Hand zu nehmen.

 

Der Debütroman Die Summe unserer Teile (Klett-Cotta/Tropen, 2025) von Paola Lopez ist ein berührender Roman über das Erbe unserer Mütter, das wir alle mit uns tragen.

Paola Lopez, geboren 1988 in Wien, ist Mathematikerin und promoviert interdisziplinär über KI. Derzeit ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni Bremen und schreibt für den Merkur eine Kolumne zu KI. Für die Arbeit an ihrem Debütroman wurde sie mit dem Theodor Körner Preis 2023 gefördert. Sie lebt in Berlin.


Maximilian Lorenz

© charlot van heeswijk

Frostbeben - Schillo Verlag

Ein Jahr, zwei Monate, fünf Tage, zehn Stunden und 23 Minuten seit Anna. Tim, 30, wälzt sich noch immer im Selbstmitleid und wird zum zynischen Beobachter des vermeintlich hippen Münchner Großstadtlebens. Verloren zwischen egomanisch optimierten Schreibtischen in gesichtslosen Großraumbüros und austauschbaren Schönheiten auf Dachterrassenpartys sucht er desillusioniert nach einem Funken Bedeutung. Unterstützt von seinen Freunden Vincenzo und Medina taucht Tim in die Absurditäten der modernen Partnersuche ein. Dann lernt er bei einem Kochkurs Marie kennen. Die neue Liebe bringt Hoffnung, aber auch unerwartete Herausforderungen und Konflikte.

 

Der Debütroman Frostbeben (Schillo Verlag, 2024) von Maximilian Lorenz erzählt von den großen und kleinen Erschütterungen des Lebens. Zwischen Sehnsucht und Zynismus, Trauer und Ironie zeichnet er ein Bild von hoffnungslosen Beziehungen, aufregenden Affären, routinierten Kantinengästen und berechnenden Vorgesetzten.

Maximilian Lorenz, geboren 1992 in München, ist Autor und Standup Comedian. Im Podcast okay, random. präsentiert er zusammen mit Josepha Walter wöchentlich popkulturelle Rabbit Holes. Er lebt in Berlin.


Sarah Lorenz

© charlotte schreiber

Mit dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken - Rowohlt Verlag

Und es ist auch ein Wunder, dass Elisa ihr katastrophales Leben bisher immer noch gemeistert hat. Sie erzählt der von ihr so bewunderten Dichterin Mascha Kaléko leicht von schwierigen Dingen, von ihrer Zeit im Heim, obdachlos auf der Kölner Domplatte, immer auf der Suche nach Geborgenheit, die sie lange nur in Büchern fand. Aber auch von ihrer unbedingten Sehnsucht nach Liebe, von ihrer Vorliebe für kleine Reetdachhäuser, für schaumigen Cappuccino, für Bücher, von Männern, von Freundschaft und vor allem davon, dass alles möglich ist.

 

Der Debütroman Mit dir, da möchte ich im Himmel Kaffee trinken (Rowohlt, 2025) von Sarah Lorenz ist eine literarische Liebeserklärung an eine große Dichterin und an all die Wunder, die das Leben bereithält.

Sarah Lorenz wurde in Eckernförde geboren, lebt und schreibt auf St. Pauli. Sie ist gelernte Buchhändlerin und studiert zurzeit Soziale Arbeit. Seit 2023 schreibt sie in der taz die Kolumne PMS-Ultras.


Ricarda Messner

© diana pfammatter

Wo der Name wohnt - Suhrkamp Verlag

Hausnummer 36 und 37, hier in Berlin haben sie jahrelang in direkter Nachbarschaft gelebt. Als Kind spielte die Enkeltochter Tischtennis auf dem Glastisch im Wohnzimmer der Großeltern. Als Erwachsene löst sie deren Wohnung schließlich auf, bringt Besteck, Töpfe und Musikkassetten nach nebenan zu sich. Und sie will noch etwas bewahren: Levitanus, den Familiennamen. Der Wunsch, den Namen wieder anzunehmen, begleitet sie nicht nur im Alltag, sondern führt sie auch nach Riga. Sie folgt den Worten ihres Urgroßvaters Salomon und findet ein Fenster im ehemaligen Rigaer Ghetto, das eng mit ihrer Familiengeschichte verknüpft ist - und sie zeichnet die Bewegungen von vier Generationen nach, vom sowjetischen Lettland der 70er-Jahre bis nach Deutschland.

 

Ricarda Messner erzählt in ihrem Debütroman Wo der Name wohnt (Suhrkamp, 2025) vom Ort ihrer Erinnerungen, kehrt immer wieder zurück zum Leben in zwei Wohnungen, nähert sich Verlusten und Lücken, verbindet heute und gestern.

Ricarda Messner, geboren 1989, ist Mitbegründerin und Herausgeberin des Flaneur-Magazins, das sich pro Ausgabe einer Straße in einer anderen Stadt widmet und mehrfach ausgezeichnet wurde. Sie erhielt für ihren Debütroman das Alfred-Döblin-Stipendium. Sie lebt und arbeitet in Berlin.


Christian Mitzenmacher

© ben knabe

Knallkrebse - Frankfurter Verlagsanstalt

Tom und Farid spielen Tischtennis und fahren Skateboard, gehen ins Museum und schwimmen in der Isar. Sie sind Freunde. Am Anfang ihrer Freundschaft stand eine Patenschaft, die der 10 Jahre ältere Physik-Doktorand Tom für den 16-jährigen aus Quetta geflüchteten Farid übernommen hatte. Zusammen mit Laura, Toms Freundin mit der dunklen Stimme und der Riesenradphobie, die beim Wort Patenschaft die Augenbraue hochzieht, bilden sie ein ungewöhnliches Dreigespann bis Farid den riskanten Entschluss fasst: Er will seine Fluchtroute nach seiner Begleiterin absuchen, von der er im Nordiran getrennt worden war. Inmitten der sich überschlagenden Ereignisse drängen sich Tom Fragen auf: nach Lauras angeblicher Loyalität, seinen eigenen Intentionen und Zielen und nicht zuletzt nach Farids Erlebnissen auf der Flucht, über die er beharrlich schweigt.

 

Christian Mitzenmacher nähert sich in seinem Debütroman Knallkrebse (FVA, 2025) nicht nur großen gesellschaftlichen Themen wie Flucht und Umgang mit Geflüchteten, sondern er stellt sich auch der Problematik, wie und aus welcher Perspektive davon erzählt werden kann.

Christian Mitzenmacher wurde 1986 geboren und wuchs in Bad Buchau, Oberschwaben, auf. Er ist Mathematiker und war Stipendiat der Bayerischen Akademie des Schreibens 2014, Finalist beim 24. open mike 2016 und Stipendiat der LCB-Autor*innenwerkstatt Prosa 2019 mit dem Roman Knallkrebse. Er lebt in Berlin.


Domenico Müllensiefen

© susanne schleyer

Schnall dich an, es geht los - Kanon Verlag

Früher begann in Jeetzenbeck die Freiheit. Der Ort in der Altmark war die erste Station auf der Reise in die weite Welt: nach Amerika. Doch heute kommt niemand so leicht von hier weg. Die Zugverbindung nach Altenwedel soll eingestellt werden und die Einfamilienhäuser am Ortsrand verfallen. Doch Marcel, der als Drehspießverkäufer arbeitet, will nicht aufhören zu träumen von Steffi, seiner großen Liebe, von einer heilen Familie, von einem besseren Leben im Takt der Tanzmusik. Bekommen hat er stattdessen einen besten Freund, der säuft, einen Vater, der nie und nimmer in Amerika war, und eine Schwester, die gegen die Friedhofsmauer gerast ist.

 

Der neue Roman Schnall dich an, es geht los (Kanon, 2024) von Domenico Müllensiefen ist eine eindringliche Geschichte über die vermeintlich kleinen Leute, eine Hymne auf den abgeschriebenen Teil unseres Landes, ein Trainspotting für Ostdeutschland.

Domenico Müllensiefen wurde 1987 in Magdeburg geboren, seine Kindheit und Jugend verbrachte er auf einem Bauernhof in der Altmark. Ab 2011 Studium und Master am Deutschen Literaturinstitut. Er arbeitete viele Jahre als Bauleiter, ist seit kurzem freiberuflicher Schriftsteller und lebt in Leipzig. Für seinen Debütroman Aus unseren Feuern wurde er 2023 für den Fontane-Literaturpreis nominiert und mit dem Uwe-Johnson-Förderpreis sowie dem Klopstock-Förderpreis ausgezeichnet.


Fabian Saul

© malte seidel

Die Trauer der Tangente - Matthes & Seitz Berlin

Fabian Saul erzählt in seinem literarischen Debüt Die Trauer der Tangente (Matthes & Seitz Berlin, 2025) von Gleichzeitigkeiten: Ein Freund stirbt mit 37 Jahren, eine Liebe geht entzwei. Erinnerungen an geteilte Zigaretten werden begleitet von der Stimme Nina Simones. Die Erzählung führt von Grabstein Jean Genets bis zum Tod von Nelly Sachs. Es ist der Entwurf einer poetischen Topologie, in der Orte in anderen liegen und Momente sich überlagern. Sie bilden Verdichtungen, in denen der Schmerz sitzt, Bilder aufsteigen und Anfänge zusammenkommen.

 

Fabian Sauls Geschichte ist voller Querverweise und erzählt in einer berührenden Sprachmelodie.

Fabian Saul, 1986 geboren, ist Autor, Komponist und Chefredakteur des vielfach ausgezeichneten Magazins Flaneur. Das Magazin, das sich in jeder Ausgabe einer Straße der Welt widmet, verfolgt ein kollaborativen und interdisziplinären Ansatz, der sich auch in Sauls Arbeit wiederfindet. Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit arbeitet er als Komponist und Songwriter. Seine Musik erscheint unter seinem Künstlernamen SAUL, er ist Komponist der Audioserien Schlechte Wörter und Stoff aus Luft. Seine Arbeit wurde u.a. mit der Alfred-Döblin-Medaille, dem Stipendium der Roger-Willemsen-Stiftung und dem Harald-Gerlach-Stipendium ausgezeichnet.


Mascha Unterlehberg

© birte filmer

Wenn wir lächeln - Dumont Verlag

Jara steht auf der alten Eisenbahnbrücke über der Ruhr und starrt ins tiefdunkle Gewässer. Anto, die gerade noch neben ihr saß, ist in den Fluss gesprungen und taucht nicht wieder auf. Das Einzige, was Jara von hier oben erkennen kann, ist der Baseballschläger, mit dem sie in dieser Nacht ein Autofenster eingeschlagen haben, und der jetzt nicht sinken will.

In ihrem Debütroman Wenn wir lächeln (Dumont, 2025) zeichnet Mascha Unterlehberg das bestechende und kraftvolle Porträt einer Freundinnenschaft, die sich gegen den Druck von außen und eine stets drohende Gewalt behaupten muss - bis es Zeit ist, zurückzuschlagen.

 

Mascha Unterlehberg, geboren 1990 in Mühlheim an der Ruhr, studiert am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. Sie hat an Theatern in Deutschland und der Schweiz gearbeitet, war Finalistin des 27. open mike und nahm mit Wenn wir lächeln am Literaturkurs in Klagenfurt teil.


Bettina Wilpert

© nane diehl

Die bärtige Frau - Verbrecher Verlag

Die Leipziger Lehrerin Alex reist übers Wochenende zu ihrer Mutter ins bayerische Heimatdorf. Ihre Mutter hat sich das Bein gebrochen. Gemeinsam mit ihrer großen Schwester will Alex das Schlafzimmer ins Erdgeschoss verlegen. Es ist das erste Mal seit der Geburt, dass Alex von ihrem einjährigen Kind getrennt ist - sie vermisst ihre Tochter und merkt, wie sehr der kleine Körper ihres Kindes ihrem eigenen eingeschrieben ist. Dieses Gefühl bringt sie dazu, sich selbst näher zu betrachten, über ihre Lebensentscheidungen nachzudenken und das Begehren, den Körper, das Geschlecht sowie ihre Sozialisierung zu hinterfragen.

Bettina Wilpert schafft mit ihrem zweiten Roman Die bärtige Frau (Verbrecher, 2025) eine radikale Körperliteratur. Sie zeigt den Leserinnen die verschiedenen Facetten von Coming of Age, Schwangerschaft und Muttersein und wie diese sich am Körper abzeichnen.

 

Bettina Wilpert, geboren 1989 und aufgewachsen bei Altötting. 2018 erschien ihr Debütroman nichts, was uns passiert im Verbrecher Verlag, für den sie u.a. mit dem ZDF-aspekte-Literaturpreis für das beste literarische Debüt des Jahres, dem Förderpreis zum Lessing-Preis des Freistaates Sachsen und dem Kranichsteiner Jugendliteratur-Stipendium ausgezeichnet wurde. Das Buch wurde u.a. vom Stadttheater Gießen und dem Thalia Theater Hamburg für die Bühne adaptiert und in drei Sprachen (Niederländisch, Griechisch und Slowenisch) übersetzt. Zuletzt wurde Bettina Wilpert ein Stipendium in der Villa Aurora (LA) zugesprochen. Sie lebt als freie Schriftstellerin und Mutter in Leipzig.